Ortenberg wird von französischem Militär besetzt!
Der Weltkrieg ist verloren, im Versailler Vertrag muss Deutschland hinnehmen, dass linksrheinische Gebiete besetzt werden und auch vier rechtsrheinische Brückenköpfe, nämlich Köln, Koblenz, Mainz und Kehl. Gewaltige Reparationszahlungen müssen geleistet werden.
Im „Londoner Ultimatum“ waren 1921 diese Reparationsforderungen auf 132 Milliarden Goldmark festgelegt worden.
Verwaltungsbehörde in den besetzten Gebieten war der Interalliierte Hohe Ausschuss für die Rheinlande, bezeichnet auch als Interalliierte Rheinlandskommission (IRKO), eine Institution der vier alliierten Besatzungsmächte Frankreich, Belgien, USA und Großbritannien.
Der Kommission sollte je ein Vertreter der vier Besatzungsmächte angehören, Entscheidungen mehrheitlich gebildet werden. Infolge der Nichtratifizierung des Versailler Vertrags durch den US-Senat blieb der amerikanische Stuhl leer. Aus Protest gegen die französische Politik hatte die USA bereits im Januar 1923 ihre Besatzungszone geräumt, diese wurde von den Franzosen übernommen.
Zur Durchsetzung der Reparationsforderungen erließ die interalliierte Rheinlandkommission Erlasse, sogenannte Sanktions-Ordonnanzen. Da der Vertreter Großbritanniens bei Beschlussfassungen sich jeweils der Stimme enthielt, Franzosen und Belgier sich einig waren, ergingen die Weisungen dazu alleinig aus Paris.
Erlasse der interalliierten Rheinlandkommission galten im gesamten französisch und belgisch besetzten Gebiet, also später auch in der Ortenau.
Am 18. Januar 1923 verfügte die Kommission zunächst die Beschlagnahme der Einnahmen aus der Kohlensteuer, der Ein- und Ausfuhrzölle und der Einnahmen aus den Staats- und Gemeindeforsten. Beamte, Angestellte und Arbeiter der deutschen Behörden und Dienststellen wurden der Befehlsgewalt der Rheinlandkommission unterstellt. Verstöße gegen ihre Anordnungen wurden mit Gefängnis bis zu fünf Jahren und Geldstrafe bis zu 20.000 Goldmark bedroht. Noch am selben Tag verkündeten die Reichsregierung und die betroffenen Länderregierungen den passiven Widerstand.
Die deutsche Reichbahnverwaltung „sah sich gezwungen“ infolge Kohlemangels eine große Zahl von Zugverbindungen einzustellen, darunter die internationalen Züge Paris-Warschau und Paris- Prag. Diese Züge passieren Offenburg und Appenweier.
Am 4. Februar wurden deshalb die Bahnhöfe Offenburg und Appenweier besetzt, um die Durchfahrt dieser internationalen Züge zu garantieren, am 20. April weitere Gemeinden, darunter Ortenberg. Alle anderen Zugverbindungen in der Region werden eingestellt. Damit war die Durchfahrt durch das Oberrheingebiet nicht mehr möglich, auch die Verbindung zur Schwarzwaldbahn war unterbrochen. Reisen mit der Bahn wurden dabei erheblich aufwändiger.
Der Bericht des Polizeikommissärs Hengst gibt einen detaillierten Blick auf die Geschehnisse des Tages.
Im Folgenden verlief also eine Grenze durch Ortenberg, wie hier auf diesen Karten ersichtlich.
Es gelten dieselben Maßnahmen wie im Ruhrgebiet:
Monatlich wechselnde Postenkommandos aus dem 8. französischen Husarenregiment müssen untergebracht werden. Sie werden in der Bahnhofswirtschaft untergebracht.
Auch der Turnverein hatte seine liebe Mühe mit den Besatzern, wurde sogar der Gründung einer paramilitärischen Vereinigung verdächtigt. Damit entstand auch Grenzverkehr zwischen besetztem und unbesetztem Gebiet. Pässe und Ausweise spielten darin natürlich auch eine Rolle.
Mittendrin der Polizeidiener Herp, für den sich das Blatt mehrmals wendete.
Die Geschehnisse in Offenburg gibt dieser Aufsatz von Frieder Kuhn wieder. Dem Aufsatz liegt ein Referat zugrunde, das am 29. 4. 1977 auf einer Arbeitssitzung der Arbeitsgemeinschaft für geschichtliche Landeskunde am Oberrhein in Karlsruhe gehalten wurde.
Die Ausgaben für die Besetzungen sind mit Auszügen aus dem Rechnungsbuch der Gemeindekasse Ortenberg belegt.
Die Geschichten dazu werden nach und nach im Amtsblatt der Gemeinde Ortenberg und nachfolgend hier im Internet veröffentlicht.